Mittwoch, 25. April 2007

Die Fundis kommen!

Ich besuche eine evangelische Gesamtschule. Das zwar erst seit nicht ganz zwei Jahren, aber ich habe die Schule in diesem Zeitraum als offen, tolerant und sozial kennen gelernt. Dazu muss man wissen, dass ich mir vor dem Wechsel an diese Schule viele Gedanken ob des Wörtchens "evangelisch" gemacht habe. Ich bin evangelisch, so steht es auf dem Taufschein. Aber ich bin schon seit langer Zeit nicht mehr gläubig. Ich würde mich auch eher als Atheisten bezeichnen, denn als Christen. Aber: Ich heiße die evangelische Ethik gut, lebe zu großen Teilen nach ihr und bin auch bereit, die soziale Arbeit der Kirche zu unterstützen. Deswegen bin ich schlussendlich auch auf die konfessionelle Schule gegangen. Und ich habe es nicht bereut. Nie.

Nun gehört es zum Schulalltag, im zweiwöchigen Turnus die Schulversammlungen - mit Gebet und Segen - zu besuchen. Dem kam ich meistens auch nach. Denn ich habe bisher keine Indoktrinationsversuche beobachten müssen, und dieser Tatsache verschulde ich auch, dass ich wieder positiver über den Glauben denke. Doch was musste ich da in der letzten Versammlung sehen? Es hat mich sehr beunruhigt. Vielleicht bin ich auch paranoid was Fundis angeht, aber ich will die Geschichte erzählen:

Wie gewohnt folgten dem Kirchenlied einige den Schulalltag betreffende Worte des Rektors. Dann folgte eine Ankündigung für ein Musical, zu dem man sich doch melden solle. Und dann kam der Hammer: Ein junges Mädchen, engagiert im CVJM und anscheinend auch für eine Organisation namens "proChrist" warb für "JesusHouse". Dazu gab es einen wahnsinnig toll gemachten, jugendlich und hippen Trailer:


Wahnsinn, oder ?
"Jesus ist toll, Jesus ist super, er ist die Wahrheit, er ist die Wahrheit, er ist ALLES, KOMME ZU UNS....:".
Ich will diese Veranstaltung in keinster Weise mit "The Call" oder der "Jesus Revolution Army" in Verbindung bringen, denn das käme einer Verharmlosung letztgenannter gleich. Sicherlich ist "Jesus House" noch relativ harmlos. Ich hoffe es.
Aber ich finde es zutiefst beunruhigend, dass diese indoktrinatorischen Veranstaltungen sich so häufen. Da werden die Jugendlichen mit Gummibärchen und trendigen Trailern eingefangen (es gibt übrigens je nach Zielgruppe und Präsentationsort verschiedene Trailer) und es wird ihnen eine "einzigartige, einmalige Gemeinschaft" versprochen. Natürlich, dafür wird spätestens der Herdentrieb sorgen, dem sich dann keiner mehr entziehen kann, wenn man erst einmal in einem Gehirnwäschecamp ist.
Auf der Infoseite ist zu lesen: JesusHouse2007 - das ist ... eine klare, evangelistische Verkündigung.
Evangelistisch? Kann vieles bedeuten, aber eben auch: Evangelikal = Hardcorechrist = Fundamentalist ?
Da das Projekt über ProChrist läuft, einem Verein in dem immerhin die Kirchen involviert sind, wird wohl keine Freikirche dahinter stecken. Aber womöglich bedient sich auch die Kirche solcher Massenveranstaltungen, um ihre Schäfchen zu umwerben? Nun, ich verlasse die Schule bald mit Abitur. Ich hoffe, dass man dort diesem emotionalen Massenglauben ohne Individualität Grenzen setzt.

2 Kommentare:

Micha hat gesagt…

In ihrer Charakterbeschreibung liest man, dass sie unvoreingenommen sind. Nun für diesen Artikel trifft das eher nicht zu.

Ich habe mich auf ihrem Blog umgesehen und mir fällt auf, dass sie kritisch mit den Nachrichten und Vorkommnissen in der Welt umgehen. Mir gefällt, dass sie nicht einfach glauben was ihnen vorgegeben wird. Klare Statements gegen Islamphobie und Kontrollstaat sprechen da für sich.

Eine Jugendevangelisation in der sich viele christliche Kirchen und Organisationen mit unterschiedlichen Ausprägumgen zu sammen finden mit Fundamentalismus gleichzusetzen empfinde ich jedoch als zu weit greifend. An 750 Orten in Europa wird vom Fundament des christlichen Glaubens gesprochen: Jesus von Nazareth. Dessen Ethik kann man nur verstehen und gut heißen, wenn man sich mit ihm beschäftigt.

Was löst also dieses Unbehagen aus?: wahnsinnig hippe Trailer, dass jemand offensiv (evangelikal)von seinem Glauben erzählt oder ...

Als ein Veranstalter von JesusHouse in Herborn möchte ich nicht einfach mit Manipulatoren und Menschen verachtenden Extremisten gleichgesetzt werden. Der Aufruf Christ zu werden, sein Leben mit Jesus zu beginnen kann mit ja oder nein beantwortet werden. Vielleicht schauen sie sich einen Abend lang diese Veranstaltung an und geben ihr eine Chance. Falls sie die Manipulation der Bildübertragung und der Veranstalter fürchten: die gesprochene Verkündigung kann auch per dsl als Radioübertragung über jesushouse.de angehört und jederzeit selbstbestimmt abgeschaltet werden.
Mit freundlichem Gruß,
Michael Reschke

Mafri hat gesagt…

Vielen Dank für die - unerwartete - Rückmeldung.
Ich habe in meinem Artikel geschrieben, dass ich womöglich voreingenommen bin, wenn es um derartige Veranstaltungen geht. Und ich habe ebenfalls geschrieben, dass ich JesusHouse in keinster Weise mit manipulatorischen Organisationen á la
"The Call" in Verbindung bringe - denn ich weiß nicht genug über Ihre Organisation.

Was löst mein Unbehagen aus?
Offensive religiöse Veranstaltungen, jedweder Glaubensgemeinschaft. Meiner Meinung nach ist die religiöse Ausrichtung eine derart individuelle Frage, dass man sie nicht auf trendigen Massenveranstaltungen besprechen sollte. Das steht aber natürlich jedem frei. Was mich stört, ist dieses "Mehr", der "Sinn des Lebens", denn JesusHouse laut Trailer geben will - derartige Versprechungen halte ich für schlichtweg nicht erfüllbar. "Eine einzigartige Gemeinschaft" soll da entstehen, man bekommt Antworten von "Menschen die Jesus kennen". Das ist mir zu viel Pathos: Niemand hat die Wahrheit gepachtet. Und letzten Endes muss jeder den Sinn selbst finden.

Ich kann mir aber auch vorstellen, dass ich durch die vielen evangelikalen, fundamentalistischen Gehinrwäscher einfach ein sehr schlechtes Bild habe, dass auf JesusHouse nicht zutrifft.