Der noch junge Staat entstand in der Zeit, als die industrielle Revolution Deutschland voll erfasste. Die Reparationsleistungen der Franzosen verhalfen der jungen Wirtschaft zu einem ersten Boom, die "Gründerjahre" brachten Wohlstand. Während die Kapitalgesellschaften und Unternehmen florierten, versanken die Arbeiter der neuen Großstädte im Dreck.
So ist es kein Wunder, dass Bismarck das sich politisierende Proletariat als Gefahr sah: Als "Reichsfeinde" titulierte er die SPD, aber auch das Zentrum. Denn beide vertraten Arbeiterinteressen, und beide hatten ein gewaltiges Wählerpotenzial hinter sich. Im "Kulturkampf" entledigte Bismarck sich mit antikirchlichen Gesetzen und den Liberalen im Rücken der "ultramontanen" (papsthörigen) Opposition. Der Sozialdemokratie begegnete das Reich 1878 mit den Sozialistengesetzen und der Sozialgesetzgebung. "Mit Zuckerbrot und Peitsche", einer Doppelstrategie, suchte Bismarck die Arbeiterpartei zu verbieten und gleichzeitig die Arbeiter für sich zu gewinnen. Doch als nach dem wirtschaftlichen Aufschwung mit der Gründerkrise und der Großen Depression schwere Zeiten anbrachen und man Schutzzölle und Protektionismus der Lage Herr werden wollte, gingen die Liberalen auf Distanz zu Bismarck. Und auch die Versuche, die Sozialisten zu unterdrücken schlugen fehl: Plötzlich hatte die SPD immer mehr Zuwachs. Und dann kam auch noch das "Drei-Kaiser-Jahr" 1988: Nach Wilhelm I. Tod übernahm sein Sohn Friedrich III. den Thron, starb jedoch nach nur 99 Tagen. Plötzlich saß mit Wilhelm II jemand auf dem Thron, der sich nicht mehr auf Bismarck verlassen wollte: 1890 wurde Bismarck entlassen.
Doch außer innenpolitischen Entscheidungen war Bismarck auch in der Außenpolitik von Bedeutung. Bereits 1873, nur wenige Jahre nach dem Krieg gegen Österreich begründete Kanzler Bismarck das Dreikaiserabkommen (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn,Russland). Als "ehrlicher Makler" hatte er die Gegensätze der Doppelmonarchie und Russlands auf dem Balkan kompensiert. Das war nur der erste Schritt von Vielen, mit denen er das europäische Gleichgewicht erhalten wollte. Er erklärte, Deutschland sei territorial saturiert. Den Erwerb von Kolonien lehnte er ab um England oder Frankreich nicht zu beunruhigen: "Meine Karte von Afrika liegt in Europa". Parallel dazu entstand der Dreibund, ein Defensivbündnis zwischen Deutschland, Österreich und Italien. Vom Neutralitätsabkommen zwischen Russland und Deutschland wusste außer den beiden Vertragsparteien niemand.
Dieses verflochtene Netz aus Bündnissen war in dieser Art sehr starr. Keiner konnte eine falsche Bewegung machen ohne einen Krieg zu provozieren. Zudem war Frankreich isoliert, ganz nach Bismarcks Vorstellungen. Nur mit England kam kein Bündnis zu Stande. Gleichzeitig erhielt das Bündnissystem den Frieden - bis Wilhelm II. sein "persönliches Regiment" antrat.
Freitag, 20. April 2007
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